Corporate Digital Responsibility: Vertrauen in digitale Anwendungen braucht klare ethische Standards

Corporate Digital Responsibility: Vertrauen in digitale Anwendungen braucht klare ethische Standards

Die vierte industrielle Revolution bringt Bewegung ins Gefüge von Gesellschaft und Unternehmen. Nun gilt es, auch im virtuellen Raum Handlungsanweisungen zu formulieren und ethische Standards zu setzen.

Im Jahr 2011, dem Jahr des sogenannten „Arabischen Frühlings“, wurde das Internet weltweit als Instrument neuer Demokratisierungsbewegungen gefeiert. Ein knappes Jahrzehnt später hat sich der Wind gedreht. Heute bewertet man die Digitalisierung des öffentlichen Diskurses und ihr transformatives Potenzial zunehmend kritisch – vor allem im Licht eines weltweit erstarkenden Populismus und einer fortschreitenden Erosion des internationalen Wertegefüges sowie der Gefährdung von Menschen- und Persönlichkeitsrechten und des demokratischen Meinungsbildungsprozesses durch Fake News, Social Bots, Filterblasen und Zensur.

Um vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen das Vertrauen für digitale Anwendungen zurückzugewinnen, braucht es die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Zahlreiche Organisationen und Vereinigungen haben dazu bereits Vorschläge unterbreitet. Einigen mag es dabei zunächst nur darum gehen, dem Gesetzgeber durch Selbstregulierung zuvorzukommen. Der Wirtschaft hingegen scheint zunehmend bewusst zu werden: es braucht jetzt klare ethische Standards – und zwar über Landesgrenzen hinweg.

So baut das Weltwirtschaftsforum derzeit eine globales Netzwerk von Zentren für die vierte industrielle Revolution auf. Seine Mission: „Maximize the benefits of science and technology for society.“ Der größte Berufsverband der Elektroindustrie, das Institute for Electrical and Electronics Engineers (IEEE) hat bereits einen Code of Ethics für seinen Berufsstand erstellt. Auch einzelne Unternehmen haben das Thema für sich entdeckt, wie etwa die Deutsche Telekom, die 2018 einen Code of Ethics für Künstliche Intelligenz veröffentlicht hat, oder TÜV SÜD, der 2019 seinen Code of Ethicsweltweit in das Unternehmen implementierte. Forderungen, die einst mit Menschen wie der US-Aktivistin und Whistleblowerin Chelsea Manning laut geworden waren, sind so mitunter in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Ein klares Wertebekenntnis verlangt aber auch nach Übersetzung in konkretes Handeln. Dort, wo Selbstverpflichtungen nicht greifen, die Verfassung gefährdet ist oder Märkte reguliert werden müssen, kommt der Gesetzgeber ins Spiel. Eine der großen Herausforderungen des neuen Jahrzehnts liegt darin, entsprechende Regelungen auf internationaler Ebene zu verabschieden. Dass dies gelingen kann, zeigt das Beispiel der Wiener Straßenverkehrskonvention“. Der Vertrag, der bereits 1968 zur weltweiten Standardisierung von Verkehrsregeln verabschiedet wurde, wurde im Jahr 2014 überarbeitet. Dabei wurde etwa festgehalten, dass Fahrerinnen und Fahrer auch beim Einsatz elektronischer Fahrassistenzsysteme weiter die Verantwortung für ihr Fahrzeug tragen. In 73 Ländern wurde damit eine gesetzliche Grundlage für autonome Fahrsysteme geschaffen und Sicherheit für Investitionen gewährleistet.

Fortschritt braucht die Disruption und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen — wachsen können wird der Markt für digitale Anwendungen aber nur auf Grundlage von klaren ethischen Standards und verbindlichen internationalen Regeln.

Foto: relif

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